Wir werden wirklich eins!

Der fetzige Slogan zum Aufstieg der Wiesensportler klang ja schon ein bisschen nach Einheitspartei und wie ausgedacht. Nun stellt sich aber langsam heraus: Alles wird wahr. Die Unterschiede zwischen der Stadt und dem Projekt werden immer verschwommener, die Grenzen beginnen zu fließen. Jüngstes Beispiel: Der Oberbürgermeister Burkhard Jung beantragt den Kauf von „bis zu vier“ Dauerkarten bei RB. Auf Kosten der Stadt, selbstverständlich. Doch bevor leichte Empörung auch nur aufsteigen kann, beginnt man beim Lesen des Antrages zu staunen.

Die Begründung ist einerseits ganz klar: Der OB will seine zahlreichen „nationalen und internationalen Gäste“ eben würdig empfangen und deshalb das Stadion als „Ort der Begegnung, des Austausches und der Repräsentation nutzen“. Das leuchtet unmittelbar ein, dafür gibt es sonst ja auch kaum Orte in der Stadt, da ist es immer schön, ein paar Tickets in der Hinterhand zu haben. Bei unangemeldetem Besuch sind die Dauerkarten für RB quasi die tiefgefrorenen Bratenreste des großen Mannes.

Herrlich ist aber die Darstellung von RB, und damit steigt der Antrag gleich furios ein. Achtung, anschnallen: „RB Leipzig gehört nicht erst seit seinem Aufstieg in die Fußball-Bundesliga zu einem der stark imagebildenden Faktoren. Mit seinem Spielort im Herzen der Stadt sowie seiner konsequenten und werteorientierten Verfolgung sportlicher Ziele spiegelt der Verein glaubwürdig die Identität der Sportstadt Leipzig.“

Was nehmen die eigentlich im Büro des OBM?

Werteorientiert? Glaubwürdig? Identität? Was nehmen die eigentlich im Büro des OBM beim Schreiben solcher Texte? Schön sieht man außerdem, wie dem OB und seinen Wortakrobaten die Muffe geht beim Gedanken an ein neues Stadion in der Pampa, quasi an der Milz dieser Stadt.

Der Rest des Antrages macht sich dann Sorgen um mögliche Korruptionsvorwürfe, aber um Missverständnissen vorzubeugen: Nicht etwa der OB oder unsere herrliche Stadt ist hier empfänglich! Das wäre auch angesichts von großzügigen Sponsoringverträgen eine sehr bösartige Unterstellung. Nein, korrupt sind höchstens die Anderen, die man zum Spiel mitnimmt, da muss man ein wenig aufpassen, aber auch das ist kein Problem. Zudem will man ja „reguläre Dauerkarten“ und keine VIP-Tickets erwerben. Wie sich das dann mit der erhofften repräsentativen Wirkung vertragen soll, wird der OB schon wissen.

Vielleicht ist das Ganze ohnehin ein Kniff, um trägen Mitarbeitern in der Kfz-Meldestelle auf die Sprünge zu helfen. Denn falls mal kein Besuch bei Jung anklopft und ausgeführt werden will, „ist eine Vergabe an ehrenamtlich Engagierte oder Mitarbeiter für ihre besondere Leistung möglich“. Eine Auszeichnung für die Mitarbeiter der Woche quasi.

Wir freuen uns als nächsten Schritt schon auf den Erwerb von bis zu vier Dauerkarten für Mateschitz im Leipziger Stadtrat. Und irgendwann sind wir wirklich alle eins.

Foto: OECD/ITF | CC BY-NC-ND 2.

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