Reine Wissenschaft

((postscriptum vorab: Wir haben uns mittlerweile – in unserer anderen Rolle als Wissenschaftsmenschen – mit den Verfassern der Studie persönlich getroffen und über die Studie konstruktiv diskutiert. Schon vorher stellte sich heraus, dass das Dokument, auf das sich dieser Blogpost bezieht, (nur) eine Pressemitteilung war. In die umfangreichere und durchaus komplexere Studie selbst, die als Masterarbeit vorliegt, hatten wir zum Zeitpunkt des Schreibens des folgenden Textes noch nicht Einsicht genommen. Für eigene Eindrücke und Urteile: Die Gesamtstudie ist bei den Verfassern auf Nachfrage einsehbar.))

Als kleines bescheidenes Watchblog hat man es ja nicht immer leicht. Rund um das eigene Objekte des Aufruhrs gibt es nicht immer was, das es wert wäre, es zu berichten. Und ständig das Selbe schreiben, bereitet zwar uns immer wieder erstaunlich viel Freude, könnte aber bei der einen oder anderen geneigten Leserin zu Redundanz- und Irrelevanzunterstellungen führen. So zumindest unsere antizipativen Gedanken.

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Transparenzparadies für den Powerjournalismus

Vor allem in den letzten Wochen haben wir Marcel Reif ein ums andere mal schmerzlich vermisst. Zwar vielmehr noch den kühnen „Zauberer“, der nicht nur den eher widerspruchungewohnten Kaiser-Teamchef Franz Beckenbauer geflissentlich piesackte und noch jahrelang der scharfzüngigste Fußballdeuter hierzulande war, als den späten Reif, dessen engagierte und nicht gleich auffallend gelangweilten on air-Minuten auf ein Minimum geschrumpft waren. Aber uns hätte jüngst ja schon seine offenkundig beleidigte Stimmlage gereicht, mit der er beispielsweise im vorletzten Frühjahr vermehrt der über Monate hinweg von der Sky-Regie aufgesetzten Vorgabe nachkam, das schlussendlich schnell vergängliche Ringduell zwischen Floyd Mayweather Jr. und Manny Pacquiao im eigenen Live-Spielkommentar zum vermeintlichen „Jahrhunderboxkampf“ aufzuladen.

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Wir werden wirklich eins!

Der fetzige Slogan zum Aufstieg der Wiesensportler klang ja schon ein bisschen nach Einheitspartei und wie ausgedacht. Nun stellt sich aber langsam heraus: Alles wird wahr. Die Unterschiede zwischen der Stadt und dem Projekt werden immer verschwommener, die Grenzen beginnen zu fließen. Jüngstes Beispiel: Der Oberbürgermeister Burkhard Jung beantragt den Kauf von „bis zu vier“ Dauerkarten bei RB. Auf Kosten der Stadt, selbstverständlich. Doch bevor leichte Empörung auch nur aufsteigen kann, beginnt man beim Lesen des Antrages zu staunen.

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Gipfeltreffen

Nicht jede und jeder schafft es ja, den Sportteil der LVZ zu lesen; schon vorher warten so viele interessante und hintergründige Geschichten auf die ständig wachsende Leserschaft, dass dann die kritischen Reportagen und Hintergrundstories der sportiven Redaktion auf der Strecke bleiben. Deshalb heute unser Service: Wir haben mal die besten Stellen aus dem knallharten Gespräch extrahiert, dass Reportergott Guido Schäfer mit dem RB-Vorstandsvorsitzenden Oliver Mintzlaff führte. Es ging gewohnt kritisch zur Sache, man will eben immer noch eine Spur genauer nachfragen als das Red Bulletin, so viel Ehrgeiz hat man im Peterssteinweg. Aber genug der Vorrede, hier unsere Top Ten:

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Momentchen mal!

Eigentlich finden wir selbst es ja langweilig, immer wieder auf Offensichtliches hinzuweisen. Doch gelegentlich kommt es zu Zuspitzungen, die selbst uns mit offenen Mündern zurücklassen. So geschehen gestern, als die Friedrich-Ebert-Stiftung zum 5. Mitteldeutschen Wirtschaftsdialog einlud. Thema:  LEIPZIG Fußballstadt Leipzig. Chancen und Herausforderungen. “Fußballstadt Leipzig” bedeutete in diesem Fall freilich RB Leipzig. Und es ging um das wirtschaftliche Heilsversprechen, das nicht nur mit diesem “Verein” verbunden wird, sondern mit dem Aufstieg in die erste Bundesliga nun angeblich kurz vor der Einlösung steht. Nachlesen kann man das bei den üblichen Hofschreibern (hier und hier). Momentchen mal! weiterlesen

Die Rechnung bitte!

Die Aufstiegsfeier von RB Leipzig hat so einige Dinge sichtbar werden lassen, die die aufmerksame Leserschaft hier längst wusste: Die Marketing-Inszenierung des eigenen Fußballprodukts schreckt vor wenig zurück und ist nicht immer geschmackssicher. Die rot beflaggte Innenstadt und die Parole “Wir sind E1ns” kann man noch als Initialen des Siegers durchgehen lassen, auch wenn es in seiner planmäßigen Durchführung von oben doch ein wenig an früher erinnerte. Die dreistündige Aufstiegsshow vom Pfingsmontag läuft dann nicht mehr unter der Rubrik “Geschmacksfrage”. Selbst vielen RB-Anhängern gefiel die Inszenierung von “Schwiegertochter gesucht”-Momenten mit Coltortis Familie, Grußworten zufälliger Sportler und vor allem der stundenlange Vorlauf für vergleichsweise wenig Kontakt zur Mannschaft nicht. Offenen Widerspruch gab es dann, als die eingeladenen Ostrock-Legenden Silly in Trikots von Ostklubs aufliefen. Neben diesem Symbolgewitter ostdeutsche Tradition vs. globaler Funsport kam die berechtigte Frage auf, wer denn nun was von dieser TV-Show bezahlt hat.

Denn was da live über den Äther lief, war die Verquickung öffentlich-rechtlichen Repräsentationsanspruchs und der Marketing-Kalkulation von RB. Tolle Markenpräsenz in einem positiven Umfeld für beide. Die Produktionskosten für eine dreistündige Livesendung samt Bühne und Live-Acts sowie Moderation sind auch nicht mal eben aus der Portokasse zu bezahlen. Mal ganz abgesehen von der Frage, wie weit es sich für einen öffentlich-rechtlichen Sender schickt, das Event eines privatwirtschaftlichen Unternehmens mitzugestalten und zu finanzieren. Twitter-User Stadioncheck bekam auf seine Fragenliste an den MDR mit zwei Tagen Verzögerung folgende Antwort von der MDR-Pressestelle:

Da insbesondere der zweite Teile der Antwort (zusammengefasst etwa: “Wir hatten ja nüschd!”) sehr nach Vorwärtsverteidigung klang und die Berechtigung der Frage an sich kritisierte, dachten wir, wir fragen mal nach. Also schrieben wir an die RB-Presseabteilung und stellten dieselben Fragen. Und siehe da, die Antwort unterscheidet sich in einem interessanten Detail:

Wir bitten um Verständnis, dass wir Ihnen zur genauen Vertragsgestaltung keine Auskunft geben können. RB Leipzig war der Veranstalter, während der MDR die anfallenden Produktionskosten für die TV-Übertragung sowie die Kosten für die von ihnen gebuchten Künstler getragen hat. Die Stadt Leipzig hat keinerlei Kosten zu tragen gehabt.

Das klingt dann doch anders als in der MDR-Antwort: Hier wurde nicht nur “das Sendesignal” produziert, sondern eben doch die ganze Show. Statt “Akquise” von Bands (ostdeutsch auch: “besorgen”) übernahm der MDR wohl das gesamte Booking. Auf deutsch: Bis auf den Auf- und Abbau der Bühne und die Veranstalternebenkosten (Versicherung, Anmeldung, Werbung) hat der MDR den Großteil der Aufstiegsfeier von RB Leipzig bezahlt. Während der BR gerade eine Übertragung der Bayern-Double-Feier ablehnte, weil der Verein einen finanziellen Zuschuss in Form von Lizenzgebühren verlangte, sponsert der MDR also eine dreistündige Feier für den reichsten Fußballklub des Sendegebietes. Starkes Stück!
 

UPDATE 13:58 Uhr: Nach unserer Veröffentlichung der nicht ganz deckungsgleichen Antworten hat die MDR-Pressestelle klar gestellt, dass “beide Recht haben”. Weil nämlich gar keine Gagen gezahlt worden sein. Das umschifft die Frage nach den Kosten und wer sie getragen erneut, weswegen wir unsere Anfrage an den MDR (per Mail und Tweet) präzisiert haben:

1) Wie hoch sind Kosten für die vom MDR übernommenen Leistungen zur Produktion der dreistündigen Aufstiegs-Show?

2) Wenn keine Gagen gezahlt worden sind, welche Kosten sind für die Anreise, Unterbringung und Verpflegung der Künstlerinnen sowie für die GEMA bzw. GVL angefallen?

3) Welche Abteilung hat die Einladung und Organisation der Künstler-Auftritte übernommen? War dabei die mehrfach vorgetragene Formulierung, “ein Fanfest für alle Ostvereine” zu sein, ausschlaggebendes Kriterium für die Finanzierung aus MDR-Mitteln?

Der RoteBrausePrediger und das Problem, das keins sein soll

Der rotebrauseblogger schreibt nicht nur das Internet voll und bringt Zuschauer bei einer Dose Bier zum Wegnicken, sondern darf sich nun auch bei ZEIT ONLINE und damit in der klassischen Printpresse ausprobieren. (update: unterscheidungen von online und offline halten wir offenkundig für eine überholte, alteuropäische sitte.) Die ZEIT verfolgt damit weiter ihre kürzlich schon begonnene Linie ‚Kritische Berichte zu RB haben wir genug gelesen, wir machen jetzt ein wenig Normalisierung’. Mit einer veränderten Sachlage hat das nichts zu tun, sondern eher mit der journalistischen Logik, sich schnell mit sich selbst zu langweilen und immer super-originell erscheinen zu wollen. Also findet man in Hamburg RB jetzt einfach mal halb so wild.

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Black Beauty, der geschenkte Gaul

Imagefilme für Städte sind ja ohnehin ein Genre aus der Hölle. Ein solcher Film zu Leipzig, mit RB? Zugegeben: Wir hatten unsere Vorurteile. Nach dem Ansehen blieben allerdings nur noch Fragen. Vor allem diese: Was soll das sein? Black Beauty, der geschenkte Gaul weiterlesen

Naiv statt investigativ

Wichtiger Bestandteil der RB-Kommunikationsstrategie ist es, sich selbst als möglichst „normal“ darzustellen. Normale Transfers, normale Jugendarbeit, normaler Kapitalismus  Ralf Rangnick Wahnsinn. Dahinter steht das Bedürfnis, sich schnell und aggressiv in die Riege der etablierten Player einzukaufen, ohne mit dem Verein (und damit mit der Marke) zu oft am Pranger zu stehen. Erklärtes Ziel: RB soll in nächster Zukunft in einer Reihe mit Bayern München, Borussia Dortmund und (mindestens) Real Madrid genannt werden. Naiv statt investigativ weiterlesen

Eher Wum als Wim

Man muss schon anerkennend sagen: Bei RB passt alles zusammen. Allen ist alles egal, wenn es nur Kohle oder ‚Erfolg’ bringt, und noch das kleinste Licht erstrahlt gleich viel heller, sobald es mit RB in Berührung kommt. Wer sich von einem weiteren Detail dieses Gesamtkunstwerks überzeugen will, dem sei die aktuelle Ausgabe des „student!“ empfohlen. Darin wird der RB-Stadionsprecher Tim Thoelke interviewt.

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